Am 7. Mai 2020 wurde bekannt, dass der Geschäftsführer der Karl-May-Stiftung Christian Wacker sein Amt auf Ende Monat niederlegt. In einem offenen Brief und auch einem Radiointerview gibt er seine Gründe an.
Das kurzfristig ein Geschäftsführer der Karl-May-Stiftung von der Bildfläche verschwindet ist nichts mehr Aussergewöhnliches. So ging es an Weihnachten 2013 René Wagner und meiner Erinnerung nach auch Claudia Kaulfuß an Weihnachten 2018. Sie wurden per sofort freigestellt. In beiden Fällen hat sich meines Erachtens die Stiftung Stillschweigen erkauft, in dem René Wagner bis zu seiner Pensionierung und auch Claudia Kaulfuß mindestens während der Kündigungsfrist bezahlt wurde.
Diesmal verlässt jedoch der Geschäftsführer aus eigenem Antrieb die Stiftung und kann darum seine Gründe in einem offenen Brief kundtun. In den bisherigen Fällen waren es ja nur Gerüchte, die in Umlauf kamen. Trotzdem sehe ich ein paar Zusammenhänge.
Als erstes verstehe ich den Aufbau der Stiftung nicht wirklich. Ich bin in der Schweiz auch in einem Stiftungsrat, doch so kompliziert läuft es bei uns nicht.
Gemäss den Statuten der Karl-May-Stiftung gibt es zwei Organe: das Kuratorium und den Vorstand, der durch die Geschäftsführung unterstützt wird (§5). Das Kuratorium besteht aus mindestens 11 Personen, die einen Vorstand wählen, das Budget und die Jahresrechnung abnehmen und neue Geldquellen finden sollen (§6 und 7). Der Vorstand besteht aus maximal sieben Personen und soll die Stiftung verwalten (§8 und 9). im §10 wird festgehalten, dass der Vorstand für seine Amtszeit einen Geschäftsführer bestimmen kann, oder «Die Aufgabe kann auch mit einer Funktion in einer der von der Stiftung beherrschten Gliederungen verbunden werden.» Da ist doch der Ursprung des Symptoms, welches wir in den letzten Jahren gesehen haben.
Das Kuratorium macht nichts. Wie in verschiedenen Verwaltungsräten, sind die einsatznehmenden Personen anderweitig beschäftigt und winken einfach alles durch. Nach Wagner und Kaulfuß wurde der Vorstand wohl durchgeschüttelt, die Amtsverteilung änderte sich, die Personen blieben aber dieselben. Dann besagen die Statuten, dass der Vorstand die Stiftung verwalten soll. Was bedeutet jetzt aber verwalten? Gemäss Wahrig ist verwalten: » alle mit einer Sache zusammenhängende Angelegenheiten erledigen».
In einer «normalen» Firma oder Stiftung wäre genau dieses Verwalten zwei geteilt. Der Vorstand legt, die Strategie fest, wie die Ziele bzw. der Zweck gemäss Statuten §2 zu erreichen sind. Also das «Wie?». Die Geschäftsführung bekannt als CEO, wobei das E für Executive, ausführen, steht, für die Massnahmen, also für das «Was?».
Was wir jedoch von Gerüchten und jetzt aus dem offenen Brief von Herrn Wacker erfahren, ist dass der Vorstand keine Strategie vorlegte, sondern die Geschäftsführung zwang, die vom Vorstand vorgegebenen Massnahmen, also das «Was?» auszuführen. Z.B. der viel zitierte Brunnenengel (,der nichts mit Karl May zu tun hat, sondern bei Klara lange nach Tod Karl Mays seinen Ursprung hat). Wer sich den anbefohlenen Massnahmen widersetzte, wurde per sofort seines Amtes enthoben, oder schikaniert, was man ja heute als Mobbing bezeichnet.
Über sechs Jahre ging so das Image der Stiftung und dem zu ihm gehörenden Karl-May-Museum Bach ab und das Kuratorium hat sich dazu nicht geäussert und den Vorstand mindestens zweimal wiedergewählt (Amtszeit 3 Jahre, §8.1) und diesen bis heute gewähren lassen.
Vielleicht ist nun die Zeit reif, die Stiftungsstatuten anzupassen und die Aufgaben klar zu definieren. Zudem darf die Frage gestellt werden, ob nicht auch die Personen, die diese Aufgaben ausführen sollen, getauscht werden müssen, um Karl May von diesem Possen-Theater-Image zu befreien.
Lorenz Hunziker